Kurz vor Weihnachten war ich im italienischen Trento. Ich arbeitete zwei Tage und hängte noch zwei Tage Kultur an. In meinem Hotel gab es noch echte Schlüssel, einen Nachtportier und einen kleinen Aufzug. Den habe ich nur zweimal benutzt, als ich mit dem Koffer unterwegs war. Beim Auschecken fiel mein Blick auf einen Zettel an der Fahrstuhlwand, da wo sonst gerne das Wetter des Tages oder Hygiene-Empfehlungen stehen. Da hing ein gelber Zettel, auf dem ich lesen konnte „Manifest der gewaltfreien Kommunikation“. In Anlehnung an die zehn Gebote waren dort zehn Empfehlungen für gutes miteinander Reden.
Spannend genug ist, dass der erste Rat gleich für die digitale Kommunikation gedacht ist: „Virtuell ist real. Ich schreibe oder sage nur das im Internet, was ich mich auch traue persönlich zu sagen.“ Wumms!! Das hat Kraft. Viele Shitstorms würden sicher nur ein laues Lüftchen sein, wenn Menschen ihre Schmähkritik Angesicht zu Angesicht sagen würden. Schon das über jemanden reden, wenn diese Person nicht im Raum ist, vergiftet Beziehungen.
Auch spannend finde ich die achte Empfehlung des Manifestes. Da steht: „Ideen können diskutiert werden, Menschen müssen respektiert werden. Die Menschen, die andere Meinungen als meine eigene haben, sind keine Feinde, die ich niedermachen will.“ Das achte Gebot in der Bibel lautet: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden, wider Deinen Nächsten.“
Ich finde, diese beiden „Gebote“ sind in der heutigen Zeit wichtiger denn je. Worte bestimmen deine Realität, sie können Brücken bauen oder Gräben aufreißen. Im Johannes-Evangelium steht: „Im Anfang war das Wort. (…) Alles ist durch das Wort geworden.“ Ich habe in Trento Kirchen, Museen und ein Kastel besucht, doch die größte Erkenntnis hatte ich im Fahrstuhl. Wie schön es ist, für Überraschungen offen zu sein und sich berühren zu lassen.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten und ein paar ruhige Momente zum Innehalten und Kraft schöpfen für das Neue.
Hier können Sie alle 10 Empfehlungen aus dem Manifesto lesen: