In der aktuellen „Panorama“, dem Magazin des Deutschen Alpenvereins, habe ich einen spannenden Begriff entdeckt. Ich habe ihn noch nie vorher gehört und er ist sehr treffend. Der Kulturphilosoph Jens Badura hat ihn in einer Veranstaltung benutzt. Der Begriff lautet „Schlagbild“. Das „Schlagbild“ sei analog zum „Schlagwort“ zu sehen. Es sorge dafür, dass beim Betrachter automatisch eine klischeehafte Gefühlswelt aufgerufen werde. Der Titel der Veranstaltung hieß: „Die Alpen – der gefährdete Traum“. Die „Schlagbilder“ der Berge, die eine klischeehafte Idylle hervorrufen sind „die Milkakuh-Almidylle, die Brotzeitszene vor der Hütte, die Gipfel-Siegerpose mit hochgereckten Armen“.
Ehrlich gesagt, fühlte ich mich ertappt. Ich liebe die Bege und habe auch solche Fotos auf meinem Handy, naja außer der Siegerpose. Das liegt daran, dass ich lieber wandere und nicht bergsteige. Da sind Siegerposen ein bisschen albern. Der Kulturphilosoph sinnierte darüber nach, dass dieser „Instagram-Effekt“ schon viele schöne Flecken in den Alpen zu überlaufenen Spots gemacht habe. Weil dann alle dahin wollen. Damit verlören die Berge viel von ihrer Ursprünglichkeit. Die Berge werden also auch durch die Digitalisierung verändert.
Ich finde den Begriff „Schlagbild“ noch aus einer anderen Warte spannend, aus der linguistischen. Als Journalistin habe ich versucht gute „Schlagzeilen“ zu schreiben, also interessante Überschriften zu finden. Die Schlagzeile ist ähnlich dem „Schlag- oder Stichwort“. Ich bin selber sehr erstaunt, wieviel Gewalt in diesen Worten steckt. Das Verb „schlagen“ stammt aus dem germanischen und ist mit „Schlacht“ und „Geschlecht“ verwandt. In meinem Herkunftswörterbuch steht auch noch, dass das „Schlagen eine Grundform der menschlichen Tätigkeit bleibt“ und dies sei vor allem an dem reich entwickelten übertragenen Gebrauch des Verbs erkennbar. Es gibt also viele Tätigkeiten, wo das „schlagen“ vorkommt, wir können eine Bitte abschlagen, eine Rechnung überschlagen, wir wollen schlagfertig sein und machen Vorschläge. Alles Schläge.
Meistens geht es friedlicher, was die Wortwahl angeht. Das Wort „Schlagzeile“ kann ich gut mit „Überschrift oder Titel“ ersetzen, im Englischen ist es die „Headline“, also die „Kopfzeile.“ Das „Schlag- oder Stichwort“ ist etwas anspruchsvoller, je nach Anlass könnte es „Motto, Parole, Kerngedanke oder auch Leitwort“ heißen.
Ob der Kulturphilosoph Jens Badura eine sanftere Variante des Begriffes „Schlagbild“ wählen würde, weiß ich nicht. Es geht ihm ja vor allem darum, dass die Macht der Bilder zu gefährlichem oder schädlichem Verhalten führen kann. Ich finde es gut, dass sich der Deutsche Alpenverein diese Fragen stellt. Damit spanne ich den Bogen zum letzten Blog, der über Klimapolitik ging. Der Alpenverein feiert gerade sein 150-jähriges Jubiläum. Er ist der einzige Naturschutzverband Deutschlands, der auch Sportverein ist und er will in Sachen Klimaschutz in den Bergen, wirklich neue Wege gehen. Auf geht´s!
Mehr dazu: Panorama 5/2019, oder www.alpenverein.de/natur
Foto: Reschbergwiesen bei Nacht, Nähe Dießener Hütte, Garmisch, Alexander Grellmann, www.bildermeisterei.de